Kaum ein Thema sorgte in den letzten Jahren im Bereich des (Online-) Marketings für so viele Diskussionen wie „Native Advertising“.
In Zeiten von Adblocking und Anzeigekrisen, sei dies eine neue Form des Marketings, welche den User durch Inhalte überzeugt, anstatt das Rezeptionserlebnis zu stören. Unbedingt notwendig, hieß es von Seiten der Befürworter. Der User würde durch Native Advertising mutwillig irritiert und in dem Glauben gelassen, bei der Werbung handle es sich um einen redaktionellen Beitrag, widersprachen die Gegner.
Zu Wort kamen hier hauptsächlich Menschen aus der Werbe- oder Journalismus-Branche. Die Ansichten waren jeweils eher persönlicher Natur und bezogen sich hauptsächlich auf theoretische Annahmen, die aus eigenen Beobachtungen abgeleitet wurden. Für keine der beiden Seiten gab es eine wissenschaftliche Basis. Ebenso wenig konnte der Erfolg des „Native Advertising“ gemessen oder überprüft werden. Das hat sich mittlerweile geändert.
Studie von Gruner + Jahr zeigt Meinung der User
Eine Studie von Gruner + Jahr liefert mögliche Antworten auf die vielen Fragen, die in Zusammenhang mit „Native Advertising“ auftreten. Bei der Studie wurde nämlich nicht mit Marketingexperten, sondern mit der direkten Zielgruppe gesprochen: Mit den Usern, den Leserinnen und Lesern, den potentiellen Werbekunden. Ziel war es herauszufinden, wie Nutzerinnen und Nutzer „Native Advertising“ grundsätzlich wahrnehmen, wie sie zu der Werbeform stehen und welche Erwartungen sie an Inhalt, Aufbereitung und Gestaltung haben.
Aufbau der Studie
Die aussagekräftige Studie wurde bereits 2014 in drei Schritten und somit auf mehreren Ebenen durchgeführt. Dabei fand zunächst eine quantitative Befragung mit einer Grundgesamtheit von 736 Personen statt, zusätzlich folgten ausführliche qualitative Interviews mit 19 Personen und technisches Wirkungstracking in 1915 Fällen. Diese Zahlen und Daten hat Gruner + Jahr daraufhin ausgewertet und im Rahmen einer Liste von „Do’s und Don’ts“ angegeben, was bei dem Einsatz und der Entwicklung von „Native Advertising“ zu beachten ist.
User wollen Glaubwürdigkeit, Transparenz und Mehrwert
Besonders interessant ist hierbei, welche Aspekte die User bei einer Zusammenarbeit zwischen einer Marke und den Betreibern der Website erwarten. Auf Platz eins stand hierbei die Glaubwürdigkeit. 85% der Befragten ist es vor allem wichtig, dass der Content, der gemeinsam mit der Marke produziert wurde, zur jeweiligen Website passt und sich auch thematisch in deren Aufbau einfügt. Auf den nachfolgenden Rängen stehen Aktualität, Informationsgehalt und Nutzen.
Außerdem verlangen die Befragten Transparenz: 86% der Nutzerinnen und Nutzer legen besonderen Wert darauf, dass zwischen nativer Werbung und redaktionellem Inhalt unterschieden werden kann. Und wenn es sich bei „Native Advertising“ schon um eine Form der Werbung handelt, dann soll der jeweilige Beitrag zumindest auch einen Mehrwert haben. 75% der User würden den Beitrag anklicken, wenn sie sich vorstellen können, einen Nutzen daraus zu ziehen. Zudem war ein wichtiges Kriterium, dass der Inhalt und die Marke, die in dieser Form wirbt, zur Website passen müssen. Sonst kann der Plan schnell nach hinten losgehen, die User sind verwirrt und dem Beitrag gegenüber eher abgeneigt.
Das richtige Maß finden
„Native Advertising“ kann also auch schnell abschreckend wirken. Das ist der Studie zufolge zum Beispiel der Fall, wenn die Marke mehr im Fokus steht, als der eigentliche Kern der Website, wenn es übermäßig viele solcher Werbeformate auf einer Seite gibt oder wenn die Anzahl der mitgelieferten Informationen zu hoch ist. Deshalb sollte zu viel Ablenkung in Form von „Native Advertising“ vermieden und zugunsten der Glaubwürdigkeit auch nicht zu einem zentralen inhaltlichen Faktor werden. So würden beispielsweise 48,2% der Befragten eine Zusammenarbeit zwischen einer Marke und einer Website gutheißen, aber nur 4,2% der Studienteilnehmer könnten mehr als fünf Kooperationen akzeptieren. In diesem Fall würde der Werbeaspekt die eigentliche Aussage der Website verdrängen und diese vielmehr zu einer Art Werbeplattform werden.
Auch die Übersichtlichkeit spielt eine große Rolle. Erhofft sich der User einen Mehrwert, indem er mit einer übersichtlichen Anzahl an Informationen versorgt wird, ist er auch gewillt, den Content anzuklicken. Wirkt der Beitrag jedoch unübersichtlich oder zu informationsgeladen, kann das eher eine abschreckende Wirkung haben. 78% der Onliner möchten in Bezug auf „Native Advertising“ mit „kurzen und knackigen“ Informationen konfrontiert werden – dann sind sie auch bereit, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen.
Lohnt sich „Native Advertising“ denn überhaupt?
Der Studie zufolge, lautet die Antwort auf diese Frage eindeutig „Ja!“. Die Ergebnisse zeigen, dass sich Nutzerinnen und Nutzer, die sich mittels „Native Advertising“ mit einer Marke auseinandergesetzt haben, beispielsweise eher an diese erinnern, als das bei gewöhnlichen Werbebannern der Fall ist.
Bei ansprechender und qualitativ hochwertiger Aufbereitung ist zudem die grundlegende Abneigung gegenüber der Werbung nicht so hoch, wie das bei anderen Werbeformen gelegentlich der Fall ist. Außerdem hat „Native Advertising“ positive Auswirkungen auf Sympathie und Image der Marke und kann sogar den Abverkauf steigern.
Fazit
Was einige Marketingexperten schon länger vermuten, konnte durch die Studie von Gruner + Jahr bestätigt werden: „Native Advertising“ kann viele Vorteile gegenüber herkömmlichen Werbebannern haben und so eine gute Alternative in Zeiten von Adblockern und für Werbung ungeeignete Smartphone-Displays darstellen. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass man sich dabei den Kriterien und Ansprüchen der User anpasst.
Was Unternehmen tun sollten:
- Darauf achten, dass Website und Marke inhaltlich und formal zusammenpassen.
- Kooperationen deutlich kennzeichnen und so Missverständnissen vorbeugen.
- Mehrwerthaltigen Content produzieren, der über die bloße Anpreisung eines Produkts hinausgeht.
Was Unternehmen besser lassen sollten:
- Der Marke zu viel Platz und Bedeutung auf der Website oder im Beitrag einräumen. Die Werbung sollte nicht im Vordergrund stehen.
- Zu viele Kooperationen gleichzeitig eingehen.
- Die User durch zu viele Informationen und Unübersichtlichkeit abschrecken.
Werden diese Aspekte beachtet, kann „Native Advertising“ laut der Studie von Gruner + Jahr eine wirkungsvolle Möglichkeit darstellen, um die Marke gegenüber potentiellen Kunden ansprechend und sympathisch zu präsentieren.